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Making van Gogh – Seeing Van Gogh
Gedacht und aufgeschrieben am 11.01.2020
Gestern in der Ausstellung gewesen. Ein bleibender Eindruck. Van Goghs Gemälde im Original zu sehen ist immer ein Hochgenuss und bringt Erkenntnisse, die kein Katalog oder Digitorial bieten kann. Aber ich bin erschöpft und ein wenig gerädert. Das kann an den falschen Schuhen gelegen haben. Zum großen Teil kommt es aber daher, dass der Besuch der Ausstellung – trotz Online-Ticket – eine echte Herausforderung darstellt; körperlich als auch mental.
Die Konzeption mag genial sein. Doch das Ganze leidet, wenn man sich in einer Menschenmasse durch die Räume bewegen muss. Vor fast jedem Bild muss man Schlange stehen. Führungen schieben sich hemmungslos durch ihr Programm. Wir hätten einfach lange bleiben können, um alles zu sehen. Wäre da nicht die Luft, die mit der Zeit immer schwerer zu atmen wird.
Van Goghs Malerei im Original zu betrachten, ist ein echtes Highlight. Am Faszinierendsten fand ich es, mich dem Werk buchstäblich zu nähern. Schon in einer größeren Entfernung besitzt jedes Bild seine Qualität. Doch mit jedem Schritt näher wirkt es anders, offenbart neue Details und verändert sich auch in der Gesamtwirkung. Kann man es aus der Nähe betrachten, sieht man, mit welcher Genauigkeit, Akribie und Liebe fürs Detail van Gogh gemalt hat. Es wird deutlich, dass er ganz bewusst die Farben für Motive in der Nähe oder Ferne wählte und auch den Duktus entsprechend anpasste. Von wegen „Wildheit“, die Meier-Graefe ihm andichten wollte. Für mich fühlt es sich eher an, wie die innere Notwendigkeit, malen zu müssen bis das kleinste Detail platziert ist.
Sehr gerne hätte ich den Blick von den Kopien bzw. inspirierten Gemälden anderer Künstler zu Vincents Original schweifen lassen, wie Meier-Graefe es vorschlägt. Das war nur leider nicht möglich, weil ich vor lauter Leuten nur den oberen Teil der Bilder sehen konnte. Aber es wäre sicherlich erhellend gewesen.
Van Goghs Zeichnungen muss man ebenfalls gesehen haben. Das ging auch ganz gut, weil das Gedränge hier nicht ganz so groß war. Man erkennt sofort Vincents Duktus und seine Klarheit im Vorne und Hinten. Sie sind von derselben Genauigkeit und Detailliebe. Großartig. Gleichzeitig geben sie Zeugnis von der Lebensweise in und mit der Natur in ihrer Zeit.
Nur fiel mir in diesem Saal auf, wie hoch die Bilder alle hingen. Wahrscheinlich weil eine Kunstinteressierte im Rollstuhl saß und ich mir ihre Nackenschmerzen ungefähr vorstellen konnte. Zum Glück bin ich gut 1,70 m groß und komme selbst mit Gleitsichtbrille gut zurecht. Alle kleineren Menschen tun mir in diesen Räumen leid, weil sie die Hälse recken müssen. Das ist auf Dauer einfach ungesund. Barrierefrei heißt halt nicht nur: Treppe umgehbar.
Wie könnte man es besser machen? So verdammt viele Besucher... ;-) Schön, dass die Menschen ins Museum gehen. Vielleicht verteilen sie sich ja mal besser...
Der Besuch der Schirn „Lee Krasner“ war – verglichen damit – erholsam. Und nicht weniger lehrreich bzw. unterhaltsam. Im Bekanntheitsgrad sind beide nicht vergleichbar. Krasner wurde ja v. a. als Gattin von Jackson Pollock erwähnt. Ihr Pech, dass sie zum „falschen“ Geschlecht gehörte. Damals wie heute ist es für die Frauen unter den Künstler:innen schwerer, von der Öffentlichkeit und dem Kunstmarkt bemerkt zu werden. Warum ist das so? Darüber muss ich wohl bei anderer Gelegenheit schriftlich nachdenken.
Dieser Blogartikel bezieht sich auf https://blog.staedelmuseum.de/hinter-den-kulissen-von-making-van-gogh/.
Über die Schaffenskraft einer Künstlerin - Lee Krasners Retrospektive in der Schirn. 2019
Eine Entdeckung, die mich sehr beeindruckt hat. Ein Glücksfund für mich. In der Kunstgeschichte fehlen reihenweise die Frauen...
Barbara Schwarz: mail@artianimal.de