arti.ani.mal - Kunst und Natur – Malerei, Grafik, Aquarell – Ausstellungen, Workshops
Über die Schaffenskraft einer Künstlerin - Lee Krasners Retrospektive in der Schirn
Aufgeschrieben am 18.05.2020 und gedacht am 11.01.2020
Ein echtes Highlight war diese Retrospektive von Lee Krasner. Eher zufällig geriet ich in die Ausstellung in der Schirn Kunsthalle. An ihrem inzwischen doch relativ bekannten Namen lag es nicht, denn der war mir bis dato leider nicht bekannt. Jackson Pollock sehr wohl. Seine Drippings fand ich genial in ihrer Monumentalität.
Hier in der Schirn zeigte sich seine Gattin nicht minder begabt, im Gegenteil, sie war noch besser als er. Sie hat das Informell, das All-Over ausgereizt und weiter getrieben, immer neu erfunden. Zu ihrem Schaffensprozess gehört die Wiederholung und Weiterentwicklung, kritische Betrachtung, auch Zerstörung und daraus neu Erschaffen. Dabei denke ich z. B. an die Collagen, die das Spielerische ihrer Kreativität spiegeln. In ihren Werken sind die verschiedenen Phasen gut zu erkennen, auch wie sie zum jeweils nächsten Schritt gelangen konnte. Sie widmete sich einem Thema mit einer Art wissenschaftlicher Akribie. Das All-Over führte sie in so vielen Varianten vor, als wolle sie zeigen, sie habe alles verstanden. Hatte sie das Gefühl, ein Thema war ausgereizt und brachte ihr nichts Neues, so nahm sie einige Arbeiten, die sie nicht befriedigten, auseinander und fügt sie neu zusammen. So wie in der Wissenschaft eine Methode nicht zum gewünschten Ergebnis führt, wird eine neue erprobt.
Ihre Schaffenskraft zieht sich durch ihr gesamtes langes Leben – sie wurde 76 Jahre alt. Das Gesamtwerk strahlt eine Kraft aus, wie ich sie am ehesten mit der Picassos vergleichen würde. Nicht in einzelnen Werken, wie etwa in den Les Demoiselles d'Avignon sondern im ganzen Kunst-Werk eines Menschenlebens. Jede:r Künstler:in oder Kunststudent:in kann aus diesem Werk lernen. So übt man sich und findet sich selbst in der Kunst. So, wie sie sagt: "Die Malerei lässt sich nicht vom Leben trennen. Es ist eins. Es ist, als würde man fragen: Will ich leben? Meine Antwort ist: Ja – und ich male." (aus dem Digitorial zu Lee Krasner der Schirn Kunsthalle Frankfurt)
In der Rezeption der Künstlerin wird ihre Ehe als Erstes erwähnt, als wäre diese Tatsache das Wichtigste, der Schlüssel zu ihrem Werk. Aber damit tut man ihr Unrecht. Sie war ganz sie selbst in allen Höhen und Tiefen. Sie war sich selbst immer treu, hat sich nie zufrieden gegeben. Und sie erschuf sich immer neu. Abzukupfern oder sich selbst zu zitieren hatte sie nicht nötig. Im Anhang erst hätte man erwähnen sollen: „Übrigens, sie war mal mit Jackson Pollock verheiratet.“
Making van Gogh - Seeing van Gogh: 2019 im Städel in Frankfurt a. M.
Die beeindruckende Van Gogh Ausstellung im Frankfurter Städel:
Barbara Schwarz: mail@artianimal.de